Wenn ihr meine Gedanken hättet hören können, so hättet ihr herzlich gelacht. Wenn ihr meine Schmerzen hättet fühlen können, wohl etwas Mitleid gehabt. Und wenn ihr diesen Blogeintrag gelesen hättet, dann würdet ihr vielleicht die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und leise denken - typisch...
Doch lasst nun einfach die Bilder sprechen, von meiner zweitägigen Wanderung in die wunderschönen Wicklow Mountains - südlich von Dublin.
Eine Geschichte möchte ich euch noch erzählen zu diesen Bildern, die für sich eine Idylle zeichnen, die leider doch den ein oder anderen Kratzer besitzt.
Wicklow Way - Tag 0
Doch starten wir in der Erzählung einfach vor dem Anfang, nämlich am Samstag, dem 3. Mai, an dem die Wanderung eigentlich beginnen sollte. Gut, meine Vorbereitungen waren sehr schlecht und die tief grauen Wolken am Morgen wahrscheinlich meine Rettung, um nicht auf der Strecke verloren zu gehen. Denn vor allem im Stadtgebiet von Dubln war das kleine Heftchen, was ich mir an jenem Tag noch in der Stadt kaufte, eine wirkliche Hilfe. Außerdem konnten so auch noch meine Blasen, die ich mir in Bremen eingelaufen hatte, ein wenig abheilen... Das Wetter jedoch nahm es mir Übel, aus Bequemlichkeit den Morgen verschlafen und nicht wie geplant aufgebrochen zu sein. Die Sonne strahlte bereit kurz nach dem Mittag vom Himmel, was ich jedoch nicht einfangen konnte, da die Speicherkarte meiner Kamera irgendwo, nur nicht in der Kamera selbst weilte. Glück gehabt also...
Wicklow Way - Tag 1
Am Sonntag war ich voller Elan, bis mein Blick durc die rosa Gardinen hindurch in den Garten fiel. Es nieselte ganz leicht... Ich schnürte Rucksack und Wandestiefel, die ich aber aus Angst vor weiteren Blasenschmerzen noch am Rücksack trug. Das wichtigste hatte ich vergessen... meine Wasserflasche. Da ich die DART (S-Bahn) aber sowieso nur schwerlich rennend geschafft hätte, machte ich mich auf den Weg zurück und sammelte die Flasche ein - fuhr eine halbe Stunde später. Die Station Sydney Parade war der Startpunkt meiner Wanderung, die erst einmal gut 10 Kilometer durch das Stadtgebiet Dublins hin zum Anfang des Wicklow Weges, im Marlay Park in Süddublin führte. Das Botschaftenviertel war recht beeindruckend, doch dass die französische Villa wenige Tage später für 60 Millionen Euro verkauft werden sollte, hätte ich mir nicht träumen lassen. Die Immobilienpreise sind wirklich extrem verrückt hier...
Der River Dodder führte mich dann sehr gut in den Süden, wo gen Mittag dann auch die Sonne durch die Wolken brach und mir eine sehr gemütliche Mittagspause auf den grünen Wiesen des Marlay Parks bescherte. Im Sommer soll Alanis Morissette hier ein Konzert geben - verlockend! So kurz nach zwei ging es dann also richtig los. Der Wicklow Way mit seinen gut 132 Kilometern Länge lag vor mir, der ohne Ahnung war, wie weit er kommen würde...
Je besser der Ausblick über die Stadt wurde, desto düsterer wurde mein Blick. Ich stand plötzlich, in der Steigung zum Fairy Castle, in einer apokalyptischen Erdwüste voller Baumstüpfe und einer breiten Schotterpiste, die doch eigentlich nur ein Wanderweg und doch ausgebaut wie eine Bundesstraße war. Noch glaubte ich, dass ein Sturm den Wald hier gekostet hatte, wobei mich die enlos verrostete Autokarosserie am Wegesrand doch etwas stutzig werden ließ bezüglich der Umweltliebe des irischen Volkes...
Die Moorlandschaft auf der Kuppe des Hügels dagegen war sehr schön, auch wenn man schon etwas das Gefühl einer Marslandung hat bei dem spärlichen Bewuchs. Rasch ging es weiter in den Nachmittag, an Dörfern vorbei, in der allesamt recht herrschaftliche Lodges standen und eifrig Barbecues veranstaltet wurden. Zwei Mountainbikern begegnete ich mindestens fünf Mal. Keine Ahnung, was die so zwischendurch gemacht haben. Die zweite Erhebung des Tages, wollte ich dann trotz der fortgeschrittenen Stunde und eines fehlenden Weges auch noch gänzlich besteigen - Prince William's Seat. Der Berg selbst war nicht anders, das Torf nur wesentlich nasser, weshalb ich doch noch meine Wanderschuhe anzog. Langsam begannen auch meine Beine zu schmerzen, weshalb ich mich schnell, vorbei an den schönen gelben Ginsterhängen, auf zu meinem Schlafplatz, dem Knockree Hostel machte. Als ich von Weitem ein paar Bauschilder sah, bekam ich kurz einen Schreck, doch glücklicherweise war alles schon fertig... nur... naja... das Hostel war komplett vermietet über den Bank Holiday an eine Jugendgruppe. Irgendwo hätte ich sicherlich unterkriechen können, doch die Herbergsleiter waren auch da und neben ihnen ein Pärchen aus Bayern, die steif und fest vorgaben reserviert zu haben. Die Herbergsleitung wollte uns ca. 30 km entfernt unterbringen, was dann auch die Bayern nicht wollten, die mich mit ihrem Auto ins nächste Dorf nach Enniskerry nahmen, wo ich zunächst noch versuchte, günstig ein B&B-Bett zu ergattern, 40 Euro aber für zuviel befand und mit Dublin Bus um 21 Uhr zurück nach Hause fuhr. Geschafft, aber in Vorfreude auf eine warme Dusche...
Wicklow Way - Tag 2
Der hiesige Maifeiertag am Montag präsentierte sich dann von einer ganz goldigen Seite. Die Sonne strahlte über die Bucht von Bray, dass es nur so eine Wonne war. Und der Bus, der sich auf hin zu den Powerscourt Gardens begab, war gar nicht so schlecht gefüllt. In Anbetracht des hohen Eintrittsgeldes und meines geplanten Pensums auf dem Wicklow Weg, nahm ich aber die Fährte zurück zu den gelben Wegpfosten auf. Die Wanderkarte Nr. 56 war mir dabei aber wenig hilfreich. Entweder es waren keine Wege dort, wo welche sein sollten oder sie waren durch große eiserne Tore mit dem Hinweis auf Privatbesitz versperrt. So musste ich einen recht großen Umweg laufen und war erst gegen Mittag wieder am Weg angelangt... 2 Kilometer Sichtkontakt entfernt von dem Hostel des Abends zuvor.
Hier gab es auch erstmals Besucherparkplätze für Tagestouristen, sodass es recht gesellig im Wald war, der sich auf gut einem Kilometer Länge sogar ganz natürlich und länger als 10 Jahre gewachsen zeigte. Doch außerhalb dieses speziellen Schutzbereiches wurde wieder kräftig gerodet.
Aus guter Entfernung und etwas erhöhte zeigte sich wenig später das imposante Tal, in das sich der größte Wasserfall Irlands ergießt (Powerscourt Waterfall - etwa 150 tief). An dessen oberen Ende hatte ich dann wie in einer kleinen Oase, auf einer Hochebene gelegen, eine wunderschöne Pause und döste von der Sonne gestreichelt vor mich hin... Es schloss sich der schönste Abschnitt der beiden Tage an. Er führte über weiche grüne Wiesen auf dem Kammweg hoch zum Djouce Mountain. Von da aus hatte man einen sehr schönen Blick in die umliegenden, von Seen gefüllten Täler. Die Torflandschaft wurde auf der folgenden Strecke durch Holzbohlen geschützt und so ging es recht zügig voran. Mit einem kurzen Blick noch in das Tal des Guinness-Sees und schnellen Schrittes gen Roundwood. Am späten Nachmittag merkte ich dann aber wie mir jeder Schritt immer mehr zusetzte, doch die Sonne und der abwärtsgeneigte Hang motivierten mich durchzuhalten. Kurz vor meinem Etappenziel hörte dann plötztlich die Wegmarkierung auf und ich watete knöcheltief durch eine Wiese, ein paar Wanderer am Horizont nahm ich als Zielmarkierung. Witzigerweise stellte es sich kurze Zeit später als das bayrische Pärchen vom Vortag heraus, die die gleiche Strecke genommen hatten. So gingen wir gemütlich die letzten Meter nach Roundwood, verabschiedeten uns; ich kaufte noch eine Fante zur eigenen Belohnung und fragte nach der Bushaltestelle. Da man ja aber in Irland überall in den Bus einsteigen kann, wo dieser vorbei fährt, schlenderte ich noch etwas durch den Ort... Tja, wenn er denn vorbeifährt. Wie sich nämlich nach einem kurzen Gespräch mit einem Campingplatzinhaber herausstellte, zeigt sich die deutsche Pisa-Schwäche noch allgegenwärtig. Der Bus fuhr eine Stunde früher, als ich dachte... Der Campingplatzbesitzer riet mir "Thumbs up!". 10 Minuten stand ich da, ohne dass jemand aus der ununterbrochenen Autoschlage anhielt. Dann wechselte ich meine matschigen Wanderschuhe - vielleicht hatten die Autofahrer ja nur Angst, ich würde ihnen das Auto verdrecken. Pustekuchen, auch eine halbe Stunde später hatte noch niemand Mitleid bekommen und so nahm ich meine letzte kleine Chance und machte mich in den 10 Kilometer entfernten Nachbarort auf - leider war es schon 7 Uhr abends. Und so lief ich durch den Sonnenuntergang, mit dem Gefühl, nicht nur meine Sohlen durchgelaufen zu haben, dunklen Gewitterwolken entgegen. Kurz vor 9 war ich dann in Newtownmountkennedy angekommen. Tja, und auch die als Rettung fotografierte Bushaltestelle sollte nichts bringen, denn der letzte Bus fuhr vorbei als ich gerade einen Burger kaufte - mal wieder hatte ich den Busfahrplan falsch gelesen. Als Alibi stellte ich mich noch eine Weile neben einen polnischen Bauarbeiter an die nächste Haltestelle. Doch ich hatte schon so ein Gefühl, dass da kein Bus mehr kommen würde. In einem nahegelegenen Hotel holte ich mir Gewissheit und bestellte ein Taxi bis nach Greystones, von wo die S-Bahn zurück nach Dublin fuhr. Für den Weg von der Haltestelle in Blackrock zu mir nach Hause benötigte ich die dreifache Zeit. Für 14 Stunden war ich ab da an bewegungsunfähig... aber irgendwie doch glücklich, die Strapazen hinter mir zu haben. Da stellt sich eine wichtige Frage über uns - warum laufen Menschen in ihrer Freizeit auf Berge?
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